Die Portraits von Claudia Maas

Martin Schuppenhauer 2013

Sportler sind seit einigen Jahren der Hauptgegenstand in Claudia Maas‘ Malerei. Dabei greift sie auf Vorlagen aus der Zeitung und dem Internet zurück. Begonnen hat sie mit ganzfigürlichen Darstellungen von Situationen, in denen häufig zwei oder mehr Figuren in einer Art Choreographie verbunden waren. In den aktuellen Arbeiten von Claudia Maas tritt das Motiv des Wettkampfes zurück und die Protagonisten des sportlichen Ereignisses stehen im Mittelpunkt des Interesses.

Den Vorlagen aus der Berichterstattung über Sportereignisse ist eine Dramatisierung der dargestellten Situation eigen, an der sowohl der Sportler als auch die Fotografen ihren Anteil haben. Sport wird inszeniert als Schauplatz großer Gesten und Gefühle. Der einzelne Sportler ist Teil einer auf maximale Leistung optimierten Maschinerie. Wobei die in den Bildern dargestellten Sportler nicht im Sinne einer Typisierung oder eines Charakterbildes aufgefasst sind, etwa einem bestimmten Rollenbild entsprechend. Und doch: In Anlehnung an die Tradition des psychologischen Portraits, etwa bei Géricault, könnte man versucht sein, die Dargestellten im Sinne eines physiognomischen Panoptikums zu lesen. In den Bildern von Claudia Maas tritt einem der Mensch jedoch weder als Funktionsträger noch als Charakterstudie entgegen. Die Figuren befinden sich vielmehr in einer Art Schwebezustand. Dabei gelingt es der Künstlerin, eine Unmittelbarkeit der vermeintlichen Gegenwart der Figur in ihrer Malerei zu erreichen, die den Betrachter direkt anspricht und berührt. Für einen Moment meinen wir der Person nahe zu sein, dann verliert sie sich im deutlich sichtbaren Gestus des Pinsels. Tritt man näher an die Leinwand heran, scheinen sich Figur und Gesichtszüge bisweilen vollends aufzulösen. Diese Pinselgesten erzeugen dabei eine Bewegung auf der Oberfläche, oft in eng geführten Schichten über einander liegend, die die Figur in Bewegung setzen. Mehr noch: Die Striche und Streifen, die der Pinsel erzeugte, erscheinen der Figur zugehörig, eine Art Gewebe aus Bewegung, das wie ein Kokon die Figur umhüllt. So sind die Portraitierten eingewebt in die Textur der Pinselstriche. Die Figuren werden zu Erscheinungen zwischen einer körperhaften Stofflichkeit und flächig geschichteten Bewegung.

Die Farbe ist der wohl heikelste Bereich in der Malerei von Claudia Maas. Die Farbtöne werden in feinste Tonwerte abgestuft. So werden einerseits beinahe illusionistische Oberflächen erzeugt, während andererseits die ausbalancierten Farbtöne auf der Bildfläche zu flirren beginnen. Vereinzelt brechen einzelne Bereiche der Malerei ins Fleckenhafte oder Gestische aus und verhindern so, ein dauerhaftes Verweilen im Illusionsraum des Bildes. Hier steht nicht die Frage nach Schönheit oder Hässlichkeit im Zentrum, sondern das Erfassen eines inneren Zustands der Unbestimmbarkeit des Motivs. Und so sind die Portraits von Claudia Maas letztlich doch psychologisch zu nennen. Sie zeigen zwar keine „Charaktere“, sie geben uns dafür aber, wie Ausrisse aus der Wirklichkeit, Studien unserer im Optimierungssumpf steckenden Gegenwart.